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Ich bin nicht ganz (heil) – Mut, voran zu schreiten

Wir werden geboren und bekommen sofort eine Identität: Den ersten Stempel (in) der Gesellschaft (mal vom Karma abgesehen). Wir werden eine juristische Person. Bevor wir den ersten Atemzug getätigt haben, hat der Staat bereits (s)einen Anspruch auf uns. Je nachdem, wo wir leben kann dieser extremer und fremdbestimmter ausfallen. Dann geht’s in der Familie weiter, eine der größten Manipulatoren, die es gibt. Und ich meine das nicht negativ, sondern einfach beschreibend (Osho spricht bspw. sinngemäß vom größten Übel, das es gibt..). Meistens unbewusst wird weiter geformt, verbogen, indoktriniert und suggeriert, nach ganz eigenen Gesetzen. Systemisch gesprochen verhalten wir uns loyal der Familie gegenüber; wer austritt, wird „bestraft“ (mehr dazu Interview mit Daniel Schulte – Familienstellen). Je nach Persönlichkeit passen wir uns dann an, ducken, imitieren, adaptieren und integrieren. Wir leben das Leben von jemand anderem und dieser lebt durch uns. Schule / Ausbildung / Studium / Freunde prägen weiter und am Ende steht ein wahrlich fertiges Produkt, das im besten Fall gut eingefügt in die Gesellschaft seinen (Arbeits-) Auftrag erledigt. Mit festen Strukturen und einem disziplinierten Rhythmus wird das eigene Denken verhindert – es bleibt schlicht und ergreifend zu wenig Zeit, sich zu hinterfragen und man ist auch einfach zu erschöpft nach der „Maloche“ – und das persönliche Glück wird an Konsum und Nabelschau geknüpft.

Die Ahnen lassen es uns spüren, wirken in und durch uns

Der Einzelne ist sich in den häufigsten Fällen nicht klar, dass er eine Kopie ist, eine vorbestimmte Lebensweise führt und unreflektiert den Trieben und Gedanken der Masse folgt. Woher sollte ein Wandel auch kommen? „Es war schon immer so, das ist Tradition, das haben wir schon seit jeher so gemacht!“ – sind tief implizierte und weitergereichte Glaubenssätze, die unser Denken und Handeln bestimmen. Diese Muster wie auch Angst und deren Trigger sind Jahrhunderte gewachsen und wir dürfen nicht denken, dass wir mit alten Tragödien und Schicksalen der Geschichte nichts mehr zu tun haben, mitnichten. Die Ahnen lassen es uns spüren, wirken in und durch uns. Dort, wo wir stehen, stehen wir aufgrund ihrer Entscheidungen und Kraft, ihres Wirkens und Kämpfens (Erinnerung: siehe dazu D. Schulte).

Manchmal gibt es Ereignisse im Leben, die uns aufrütteln und wach werden, aufwachen lassen aus einem (allzu) gewöhnlichen Traum, der uns eingelullt hat. Wie in dem Film „Matrix“: Eine angenehme Scheinwelt, die uns in unseren Begierden gefangenhält und betäubt. In unserem Falle mit Alkohol, Nikotin, Koffein, Zucker und Fernsehen (=Programm). Alles, was die Energie runterdrückt. Und jeder ist irgendwie Teilnehmer.

Spirituell gesehen stecken wir in der Krabbelgruppe

Die aktuelle Zeit des großen „C“ macht sehr deutlich, wo wir uns nun wirklich befinden, seelisch bzw. spirituell. Welchen Bereichen haben wir zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und wo werden wir nun auf uns zurückgeworfen? Das tut weh und ist unangenehm: Auf einmal Baustellen zu entdecken, die wir zuvor rasant passiert haben. Mit 180 km/h auf der linken Spur der Alltags-Autobahn, immer schneller, immer weiter. Von uns entfernt, geflohen und vermieden. Nun halten wir nicht mal unsere Familie, unsere Kinder länger aus, können uns schwer mit uns selbst beschäftigen, brauchen Ablenkung und Drogen. Um diese Trigger, Themen, Schwere, Einsamkeit und Last nicht anschauen zu müssen. „C“ ist ein Sichtbarmacher und (Brand-) Beschleuniger von allem, was bereits da war. Es wird erkennbar – demaskiert. Statt sich zu verstecken hinter einem Fussel-Lappen können wir Gesicht zeigen, uns zeigen, wer wir sind. Statt Abstand Liebe walten lassen, Verständnis und Toleranz. Wo wir als Gesellschaft stehen zeigt die aktuelle Situation. Das Virus der Ignoranz, Dummheit und Diffamierung breitet sich schneller aus, als es das andere jemals könnte. Kunststück – wenn keiner mit seinem Bewusstsein bisher gearbeitet hat. Wo sollten wir das auch gelernt haben? Den Umgang mit unseren Gefühlen, Emotionen, Schatten und „Leichen im Keller“ wird uns leider nicht in der Schule beigebracht. Das ganze Ausmaß wird erschreckend deutlich – spirituell gesehen stecken wir in der Krabbelgruppe!!

Es ist nicht angenehm, seine Wahrheit zu erkennen

Nehmen wir nun an, durch glückliche Umstände und Einflüsse lassen wir uns wachrütteln und hinterfragen unsere Motivation, unser Streben und Agieren: Dann geht das Dilemma erst richtig los. Es gibt wie in der Homöopathie die Erstverschlimmerung. Glaubenssätze lösen sich auf, Weltbilder fallen zusammen, Krankheiten zeigen sich, Depression und Leid können die Folge sein. Es ist nicht angenehm, seine Wahrheit zu erkennen. Wo man sich selbst betrogen hat. Jahrelange Gewöhnung waren Gift für das eigene System. Vielleicht ist der Körper (noch) fit, aber der Geist ist unbeweglich (geworden). Auch er will trainiert werden, wie ein Muskel. Wir kennen den Spruch, „je älter man wird, desto weniger (gern) verändert man sich. Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“

All diese Aussagen und Meinungen („Das Leben ist kein Ponyhof/Zuckerschlecken/Wunschkonzert”) sind Mindfuck, für unser Glück und die wichtige Transformation ein Hindernis! Halten uns in der Opferrolle gefangen (sehr praktisch für alle, die das ausnutzen; das muss nicht mal die sog. Elite sein). Das ist alte Energie. Es gibt noch einen weiteren Ausspruch: “Unsere Überzeugungen beeinflussen unsere Erfahrungen. Was wir erwarten, trifft ein.“ (V.K.) Das klingt schon authentischer und wahrer.

Den blinden Fleck bei sich selbst zu erkennen ist ein langer Prozess. Spirituelles Ego ein weiteres Hemmnis, was einen oftmals noch weiter von sich entfernen lässt, als bei rationaleren Menschen. Wir finden das häufig in der Kampfkunst- und Yoga-Szene. Ein Turban schützt nicht vor Torheit(en)..

Pfad der Erkenntnis

Begibt man sich nun auf den Pfad der Erkenntnis und Selbsterfahrung und stellt fest, wie verletzt man ist, resultiert daraus die Frage, wie es weitergehen kann. Auf einmal zeigen sich raffinierte Lügen und Illusionen, die man selbst erschaffen hat. Erschütternd und demoralisierend kann diese Erfahrung sein! Man fängt an zu zweifeln, war der gewählte Weg richtig? Wie konnte es soweit kommen?

Willemsen spricht in seinem bekannten Buch vom „Knacks“. „Etwas trennt sich, ermüdet, verliert Farbe, scheitert, gibt auf.“ Irgendwann in der Biographie, meist ganz unmerklich, vollzieht sich eine Spaltung, bricht etwas ein in unsere(r) zarte(n) Seele; das ewige Licht bekommt Risse. So seltsam es klingen mag, wir sollten dankbar dafür sein, wenn wir das erleben dürfen.

Das zu sehen und anzuerkennen (sich anzuerkennen; auch mal IN RUHE LASSEN!) ist der erste Schritt für die Heilung. Sich selbst den Panzer vom Leib zu reißen, um wieder ursprünglich und nackt dazuliegen – empfänglich, verletzlich, unschuldig. Da wollen wir wieder hin, das haben wir verloren auf unserem Weg vom Kind zum Erwachsenen. Die eine Hälfte des Lebens lernen wir viel Müll, den wir in der anderen Hälfte getrost wieder vergessen dürfen. Und dann, wenn wir uns erkannt haben, ist das Leben wieder vorbei. Irgendwie tragisch und ironisch.

Es ist nicht schlimm, nicht heil zu sein. Was bedeutet das überhaupt? Wer ist schon „ganz“? Wir wurden doch alle gebrochen, auf die eine oder andere Art! Derjenige, der meint, gar kein Problem zu haben, alles sei in Ordnung, hat Hilfe oft am nötigsten, weil die eigene Erkenntnis und Annahme fehlen (wie bei einem Alkoholiker). Lassen wir diese Bewertungen, dieses Runterziehen und Sich-Selbst-Fertigmachen (haben das nicht schon genug andere für uns getan?). Wie soll ein Fremder mit uns gut umgehen, wenn wir es selbst nicht tun?

Stattdessen können hilfreiche Sätze sein:

ICH DARF SEIN!

Ich darf mich so fühlen, wie ich mich fühle.

Ich darf schwach sein.

Ich darf mich ergeben/hingeben.

(Ich muss nicht immer kämpfen.)

Ich darf meine Meinung sagen, mich abgrenzen, zu mir stehen.

(Und trotzdem oder gerade deswegen geliebt werden.)

Ich darf wütend/sauer/enttäuscht sein.

Ich darf akzeptieren, dass ich nicht akzeptiere.

Die Chance auf ein neues Erleben

Wenn wir da reinspüren, merken wir schnell, wie unser System sich erleichtert, geborgen und anerkannt anfühlt und der Stress rausgenommen ist (im Gegensatz zu Ich darf nicht weinen/keine Schwäche zeigen/nicht die Kontrolle verlieren.. – wie anstrengend).

Geben wir uns also selbst die Chance auf ein neues Erleben. Haben wir den Mut, zu uns JA zu sagen und andere Wege zu beschreiten. Der erste Schritt aus der Komfortzone ist der schwerste – danach geht es viel einfacher. Die Resonanz in unserem Umfeld wird nicht lange auf sich warten lassen.

Ich wünsche Dir dabei viel Kraft, Ausdauer und inneres Leuchten!